Václav Havels Reden

Václav Havel (1936–2011) vollzog einen spektakulären Rollentausch vom Staatsfeind zum Staatsoberhaupt. Während seiner über zwölfjährigen Amtszeit als zunächst tschechoslowakischer, ab dem Jahr 1993 tschechischer Staatspräsident hielt er in seinem Land und aller Welt rund 300 zumeist programmatische Reden, allesamt Glanzstücke zeitgenössischer politischer Rhetorik.

Anhand einer repräsentativen Auswahl dieser Reden untersuchte ich Havels präsidiale Rhetorik mit einem innovativen Blick und gelangte zu dem Ergebnis, dass Havel eine neuartige, da ganzheitliche Rhetorik anwendet. Die ihr gebührende »sinnthetisierende« Methodik veranschaulicht Havels Visionen einer besseren Welt und inspiriert zur Herleitung (r)evolutionärer Dimensionen der politischen Äußerung: einer ganzheitlichen sowie einer holistischen Rhetorik.

Allein schon die Betrachtung der ethisch-rhetorischen Wesensart des Phänomens Václav Havel versprach neue, aufschlussreiche Erkenntnisse: Havels präsidiale Reden bieten eine ethisch basierte politische Rhetorik, die alles andere als gewöhnlich ist. In einem hierauf von mir hergeleiteten holistischen Modus kann sie in Havels als auch im Sinne der tschechischen humanistischen Denktradition eine weitere Profilierung erfahren.